Der Verlust eines geliebten Hundes hinterlässt eine tiefe Leere
Ich nehme euch mit auf meinen Weg durch Trauer, Erinnerungen und den schweren Abschied.
Am 6. Februar 2025 hat unser Herz aufgehört zu schlagen. Unser kleines Kämpfermäuschen Mika ist mit gerade einmal 7 Jahren friedlich eingeschlafen. Sie darf jetzt ohne Schmerzen, ohne Medikamente und ohne Einschränkungen über die Wiesen toben. Doch der Schmerz, den sie hinterlässt, ist unbeschreiblich. Es war die schlimmste Entscheidung meines Lebens, und auch wenn ich weiß, dass es richtig war, fühlt es sich an, als hätte man mir das Herz rausgerissen.
Mika hat ihr halbes Leben gekämpft. Bald vier Jahre lang hat sie gelernt, mit ihrer halb gelähmten Zunge umzugehen, sich ihre eigene Technik entwickelt und trotz aller Hürden ein fröhliches, glückliches Leben geführt. Warum und wie das alles kam, könnt ihr wen es interessiert (hier) noch einmal nachlesen. Zwei wunderbare Jahre ging es ihr großartig, sie war voller Energie, neugierig und einfach unser kleines, unerschütterliches Mäuschen. Doch dann kam der nächste Schicksalsschlag. Vor zwei Jahren wurde sie erneut schwer krank – mit Krankenhausaufenthalt, Medikamenten und unzähligen bangen Momenten (mehr dazu hier). Und auch wenn sie sich damals wieder aufgerappelt hat, ging dieser Kampf nicht spurlos an ihr vorbei.
Die langjährige Cortisontherapie, selbst in minimalen Dosen, hinterließ ihre Spuren. Ihre chronische Erkrankung führte zu einem ständigen Speichelfluss – bedingt durch die Position der Zunge – der allmählich ihre Zähne schädigte. Durch Speichel und Nahrung, entstanden Biofilme auf der Zahnoberfläche, die einen besonders nährstoffreichen Lebensraum für Bakterien boten. Mehrere mussten über die Jahre bereits entfernt werden, und die letzte Zahnsanierung lag erst ein halbes Jahr zurück. Doch es war nicht nur das – sie wurde müder, lief schlechter, stolperte häufiger. Also beschloss ich, einen kompletten Check-up zu machen. Blutbild, Röntgen – alles, was eben ging. Ich wollte zudem das Cortison langsam absetzen, weil ich das Gefühl hatte, dass es ihr ohne besser gehen könnte.
Doch die Ergebnisse brachen mir das Herz. Das Röntgenbild zeigte arthrotische Veränderungen, und um ihr die Schmerzen zu nehmen, entschied ich mich für eine schmerzlindernde Spritze statt Tabletten. Doch ihr Körper war bereits so geschwächt, dass sie diese nicht gut vertrug. Ihre Hinterhand wurde schwach, ihr Kotabsatz unregelmäßig. Ich machte mir Vorwürfe, suchte nach Alternativen – doch was blieb mir? Tabletten wären ebenfalls für den Körper auf Dauer anstrengend geworden und die jahrelange Cortisonbehandlung hatte unsere Möglichkeiten eingeschränkt. Zum Glück stabilisierte sich ihr Zustand nach ein paar Tagen wieder, aber dann kam das Blutbild. Und das war zum Heulen und ich wusste kaum noch weiter…
Die Bauchspeicheldrüsenwerte sahen nicht gut aus, die Leberwerte auch nicht, Schilddrüsenwerte, Eisen-/ Kalziummangel – nichts war mehr im Gleichgewicht. Wir begannen mit neuen Medikamenten, supplementierten alles, was ihr Körper brauchte. Aber die Zeit war zu knapp, um groß Veränderungen bemerken zu können. Da bemerkte ich auch wieder einen muffeligen Atem und suchte ihre Zähne ab… Ich überprüfte ihre Zähne – und was ich sah, nahm mir den letzten Funken Hoffnung. Die hinteren Backenzähne lagen frei, die Zahnhälse bloßgelegt – ich war am Ende. Eine derart intensive Zahn-OP wäre in ihrem Zustand unmöglich gewesen. Ich konnte nicht mehr. Es fühlte sich an, als würde ihr Körper mir zwischen den Fingern zerfallen, als würde ich gegen Windmühlen kämpfen.
Ich sprach mit Nancy – meiner Freundin und Mikas Züchterin – noch den halben Abend. Und wir wussten: Eine Zahn-OP hätte sie nicht überstanden. Trotz allem konnte ich nicht loslassen. Ich wollte nicht. Ich weinte, trank meinen Wein, versuchte irgendwie zu schlafen. Doch tief in meinem Herzen wusste ich, dass die Zeit gekommen war.. Also fasste ich einen Entschluss – den einzigen, der ihr ein würdevolles Ende ermöglichen konnte. Ich ließ mich krankschreiben und plante die letzte Woche meines Babys. Es war surreal, einen Termin für ihren Todestag zu machen. Alle sagen, es tut weh. Aber niemand kann dir beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn dein Herz dabei tagelang langsam zerbricht.
Doch ich wollte, dass ihre letzten Stunden so schön wie möglich werden. Es gab Käse, Chips (die bekam sie sonst nie, weil ich immer Angst hatte sie verschluckt sich wieder), all die kleinen Dinge, die sie entweder liebte oder es sonst nicht gab.
Ich fasste den Gedanken, dass sie unseren Garten ja immer toll fand und beschloss, dass das der Ort ist, an dem sie gehen dürfen soll – nicht auf einem OP-Tisch sondern, an dem Ort, den sie so liebte. Ich plante also ihren tot und konnte kaum mehr atmen. Wann hat unser Tierarzt Zeit – doch mir war das Gedankenkarussell darum alles zu unwürdig!? Also wandte ich mich an Nancy und bat sie, ihre Tierärztin und Freundin Marion zu fragen, die Mika auch gut kannte und sie einen Teil dieser schweren Zeit begleitet hatte. Es wäre so wichtig für uns, wenn sie uns auf diesem Weg zur Seite stehen könnte.
Der letzte Abend war unerträglich. Jeder Moment war das letzte Mal. Das Frühstücken viel schwer, die Hunderunden um den Block – atmen. Ich briet ihr noch eine Bulette, schnitt ihren Käse in eine Herzform … und dann, dann packte ich ihre Lieblingsdecke ein, fuhren in den Garten und machten ein Lagerfeuer an. Es gab Wiener – natürlich auch für Vincent und sie spielte mit ihrem Ball, das war auch der einzige Gegenstand, mit dem sie je spielte, den sie noch von Nancy & Peter hatte – dann kuschelte ich eine ganze Weile auf der Palettencouch mit ihrem süßen kleinen Grunzen.
Und dann kamen Nancy und Marion. Mir war schlecht. Wir hatten noch ein paar letzte Minuten…
Marion suchte eine Vene, aber es war schwer – kaum eine Vene zu finden. Dann begann mein Mäuschen plötzlich zu zittern, fiepste leise. Ich wusste, sie wollte nicht gehen. Sie hatte all die Jahre für mich gekämpft. Aber es wäre nicht mehr fair gewesen. Sie schlief friedlich in meinen Armen ein. Wir blieben noch lange dort sitzen, die Tränen liefen unaufhörlich. Mein Gesicht krampfte vor Schmerz, meine Augen brannten.
Als es Zeit war, ließ ich Vincent dazu. Er schnupperte kurz, legte sich dann mit etwas Abstand neben sie und wir schauten zusammen ins Feuer. Eine halbe Stunde lang. Dann musste ich das Bestattungsunternehmen anrufen. Wir hatten noch zwei Stunden mit ihr.
Die Abholung verlief fast wortlos – wir hatten die wichtigsten Dinge bereits in der Woche davor geklärt. Mika wurde in ihre Lieblingsdecke gewickelt, mein Männel trug sie zum Auto. Selbst da machte sie sich noch einmal richtig schwer – unser kleiner Kartoffelsack. Dann wurde das Körbchen ins Auto gestellt. Ich wusste, jetzt muss ich auch ihren Körper gehen lassen. Aber es fühlte sich so falsch an. Sie lag doch nur da, als würde sie schlafen. Ich stieß einen Seufzer aus, halb Schluchzen, halb Krampf – und dann war sie weg.
Der Abend war still. Die Tage danach auch. Es gibt nicht mehr viel zu tun. Unser Alltag war all die Jahre auf Mika abgestimmt. Ihre Mahlzeiten dauerten immer 20 Minuten, danach mussten wir den Boden wischen, ihre Schnute reinigen. Besuch hielten wir gering, damit es für sie nicht zu aufregend wurde. Die Spaziergänge waren kurz und mit Vincent teils einzeln, oder mit ihrem Mika Mobil. Ich verbrachte Minuten damit, ihr Futter klein zu schneiden und all ihre Medikamente zuzubereiten. Und jetzt? Jetzt war da nur noch Stille. Ein Trost war der Gedanke, dass all das nicht mehr nötig war. Doch die Spaziergänge mit Vincent sind plötzlich so leer, die Wohnung so ruhig. Sie war und ist mein Schatten.
Ein paar Tage später begann ich, mich um ihre letzte Reise zu kümmern. Ich bestellte eine Urne, suchte nach Dingen, die mir helfen würden, ihre Erinnerung zu bewahren. Etwas zum Basteln, um den Schmerz in etwas Greifbares zu verwandeln. Und nun warte ich darauf, dass sie nach Hause zurückkehrt.
Knapp zwei Wochen hat es gedauert, bis wir sie vom Bestattungsunternehmen abholen konnten. Es war ein seltsames Gefühl, sie plötzlich in einem kleinen Schatzkästchen vor mir stehen zu sehen – so klein und doch so wertvoll. Und trotzdem war da ein Moment der Erleichterung, weil ich wusste: Sie ist endlich wieder bei uns und nicht in irgendeinem Kämmerlein.
Zu Hause richtete ich ihren Gedenkplatz final ein. Es gibt Tage, an denen fühlt es sich fast unwirklich an. Aber ich kann euch sagen: Kein Tag vergeht, ohne dass ich an sie denke, sie vermisse und immer mal wieder weine. Und auch Vincent sein Verhalten zeigt mir immer wieder, wie sehr diese unglaubliche, souveräne, liebevolle und starke Hündin unser Leben bereichert hat.
Drückt eure Mäuse heute noch ein bisschen fester! ❤️
Janine Huber